In der Mitte
Zwischen den schroffen Felswänden des Toten Gebirges im Norden und Osten und den Gletschern des Dachsteinmassivs im Südwesten liegt das Ausseer Becken, eine aus Quartärablagerungen aufgebaute, plateauartige bewaldete Mittelgebirgslandschaft. Im Zentrum dieser landschaftlich besonders reizvollen Gegend im Spannungsfeld von kahlem Stein und lieblichen Hügeln liegt auf etwa 660 m Seehöhe Bad Aussee, die zentrale Stadt des Steirischen Salzkammergutes. 1994 zur 175. Stadt Österreichs ernannt zählt Bad Aussee auf einer Fläche von 82 km² circa 5.000 Einwohner und ist nicht nur das Herzstück des Ausseerlandes, sondern auch die Mitte Österreichs. 1949 bestätigte ein Gutachten der Universität Wien, dass Bad Aussee mit der geographischen nördlichen Breite 47° 36‘ 06‘‘(bezogen auf den Äquator) und der geographischen Länge 13° 47‘ 34‘‘ östlich von Greenwich (bezogen auf den Nullmeridian) der geographische Mittelpunkt Österreichs ist. Daran erinnert das Denkmal in der Mitte des Kurparks am Zusammenfluss der Altausseer- und der Grundlseertraun, der „Mittelpunktstein“ aus Fludergrabenmarmor. Die Bronzescheibe „Omphalos“ (griechisch für Nabel) symbolisiert den Mittelpunkt, die Frakturschrift „ause“ geht auf die erste urkundliche Nennung von AUsee als AWSE 1246 zurück.
Geschichtsträchtiger Boden
Altsteinzeitliche Höhlenfunde am Salzofen (2.700 m im Toten Gebirge) weisen eine zeitweise Besiedelung des Ausseerlandes vor etwa 30.000 Jahren nach. Damals war es deutlich wärmer als heute, daher konnten Jäger und Sammler in dieser Höhenlage überleben. Dort wurden auch Knochen von Elchen und Höhlenbären gefunden. 8000 Jahre alte jungsteinzeitliche Steinbeile sowie Waffen- und Werkzeugfunde aus der Bronzezeit (1100 v.Chr.) und zahlreiche Funde von Hipposandalen zeugen von Handels- und Transportwegen durch Ausseer Gebiet. Die großen Salzvorkommen des Michlhallbergs an der Westseite des Sandlings wurden – neueste Forschungen belegen das – bereits durch die Römer intensiv genutzt. Salz, das „weiße Gold“, war bis vor circa 100 Jahren das einzige bekannte Konservierungsmittel und besaß daher einen sehr hohen wirtschaftlichen Stellenwert. Der bergmännische Salzabbau, Verhüttung, Transport und Nebengewerbe bildeten die Lebensgrundlage für die Bewohner des Ausseerlandes. Landwirtschaft wurde überwiegend als Zu- und Nebenerwerb für den Eigenbedarf betrieben. Um den großen Holzbedarf (Bau- und Heizmaterial) für den Betrieb der Salinen decken zu können, wurden Ende des 13. Jahrhunderts die Sudpfannen von Altaussee an den Zusammenfluss von Altausseer- und Grundlseer Traun in Bad Aussee verlegt. So konnten beide Flüsse für die Holztrift genutzt werden - der heutige Kurpark war also das Industriegebiet. Mit der Übernahme des Salzbetriebes durch den steirischen Landesfürsten begann der Aufstieg der Saline Aussee zur bedeutendsten im Alpenbereich. Davon profitierte auch die Bevölkerung. Besonders die 24 Familien der Hallinger – der Name bedeutete ursprünglich „an der Salzgewinnung beteiligte Arbeiter“ – erlangten im Laufe der Zeit Rechte an Salzproduktion und Bergbau. Um 1450 zwang Kaiser Friedrich III., der die lukrativen Einnahmen aus dem Salzwesen für sich selbst beanspruchte, die Hallinger zum Verkauf ihrer Rechte. Als Ausgleich spendete er der Spitalskirche, die zum Komplex des von den Hallingern gestifteten Bürgerspitals zur Versorgung gebrechlicher Salinenbediensteter gehört, einen Flügelaltar. Dieses Schmuckstück kann im Chor der Kirche besichtigt werden. 1505 schenkte Kaiser Maximilian I. den Ausseern einen silbernen Siegelstock mit dem neuen Marktwappen (zwei Salzkufen, ein Saibling und die Inschrift „sigilum awse 1505“), das das alte Siegel (drei Fische) ersetzte. Unter dem tüchtigen Salzverweser Christoph Praunfalk hielt die Neuzeit Einzug in Aussee – eine neue Hallamts- und Marktordnung wurde erlassen, die Holzservitute geregelt, die Herrschaftsrechte erweitert und die Steuerschraube angezogen. 1595 schilderte der Mautschreiber Leo Pronner das Salzwesen in einem Gedicht. Mit dem Kauf des Rathauses 1654 wurde ein weiterer Meilenstein gesetzt, noch heute versammeln sich die Gemeindeväter unter der alten Jurament – Tafel. Rathaus und die Häuser der Handwerker und Gewerbeleute – heute Areal Hauptstraße – gehören zum „unteren Markt“. In der Umgebung des Kammerhofes, dem Salzamtsgebäude mit Ursprung im 12. Jahrhundert, entstanden auf der mittleren Flussterrasse – dem heutigen Chlumeckyplatz, der früher auch als Hofplatz bezeichnet wurde - die Domizile der höheren Beamten sowie die Vorratsspeicher für den Salinenbetrieb. Ausgehend vom Brand eines Sudhauses verwüstete der große Marktbrand 1752 alle Häuser der Ischlerstraße. Erst im 19. Jahrhundert wurden die Sudhütten nach Unterkainisch an die Bahnlinie verlegt, der Zugsverkehr über Ischl bis zur Westbahn wurde 1877 aufgenommen. Die freie Fläche im Ortszentrum fand als Kurpark für den aufstrebenden Fremdenverkehrsort Verwendung. 1984 wurde die letzte Sudhütte stillgelegt und für Bad Aussee das Kapitel „Salz“ geschlossen.
Tourismus – eine lange Tradition
Gute Voraussetzungen bestanden für Aussee schon seit frühester Zeit: Klimagunst und die Salzvorkommen. Bereits 1501 wurden Salinenbediensteten im „Fronbad“ Heilbäder verordnet. 1850 wurden im Dachgeschoß des Kaiser-Ferdinand-Sudhauses Soledampfbäder und Dampfpromenaden verordnet, es gab schon Inhalationsräume. Weitere private Badeanstalten wurden errichtet.
Reiseberichte von Josef August Schultes und Alexander von Humboldt machten das Ausseerland über die Landesgrenzen hinaus bekannt, erste hochgestellte Persönlichkeiten besuchten den Ort – so ist Erzherzog Maximilian 1830 im Gästebuch des Hotels Hackl eingetragen. Der steirische Prinz Erzherzog Johann macht mit seiner Naturbegeisterung den Urlaub auf dem Lande standesgemäß, seine Heirat mit der bürgerlichen Tochter des Postmeisters zu Aussee, Anna Plochl, spätere Gräfin zu Meran, förderte die Bekanntheit des Kurortes. Berühmte Künstler – Schauspieler, Maler, Musiker und Literaten - und kultiviertes Großbürgertum entdeckten den Sommer im Ausseerland, auch als Freiheit von starrer Konvention und Etikett.
Die Gästezahlen stiegen rasant: 1850 wurden 43, 1895 11.000 Kurgäste gezählt. 1857 erschien der erste Führer über „Das Soolbad Aussee“, 1873 verfasste der Salinen-Physikus eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit über die Wirkung der Ausseer „Sool-Heil-Produkte“. Seit 1864 kümmerte sich ein Verschönerungsverein, der Vorläufer der Kurkommission, um die Anlage des Kurparkes, von Promenaden und eines Musikpavillions und um den Umbau eines Salzdörrhauses zu einem Veranstaltungszentrum. 1868 wurde Aussee von der Statthalterei Steiermark amtlich zum Kurort erklärt, die Anbindung an das Bahnnetz brachte neue Gäste. Der Meraner Arzt Josef Schreiber propagierte die „Terrain-Cur“. 1911 wurde wegen der ausgezeichneten Kurerfolge und der hohen Gästefrequenz Aussee der Titel „Bad“ verliehen.
In der politisch und wirtschaftlich schwierigen Zwischenkriegszeit versucht man mit dem Mittelstand eine neue Gästeschicht zu gewinnen und Besuchern der Salzburger Festspiele Bad Aussee als Ausflugs- und Urlaubsziel schmackhaft zu machen. Ein weiterer Impuls kam von der Entdeckung der „hypertonischen Natrium-Chlorid-Sulfat-Quelle“, die als hochwertiges Heilwasser die heimischen Kurmittel für die Indikation Leber-Galle-Erkrankungen ergänzt. Ein Bioklimatogramm weist die „Klimabehaglichkeit“ während voller neun Monate nach.
Mit der Erschließung des Losers als Skigebiet und der Anlage zahlreicher Langlauf-Loipen konnte das Ausseerland den Winter als zweite Saison neben der Sommerfrische bewerben und die Auslastung der Tourismusbetriebe verbessern.
Seit 1960 bringt das Narzissenfest mehr als 20 000 Besucher in das Ausseerland. Höhepunkt dieses alljährlich stattfindenden Frühlingsfestes sind der Autokorso in Bad Aussee und der Bootskorso am Grundlsee oder dem Altaussee (wechselt jährlich), dort werden riesige Figuren, die mit der hier wild wachsenden Dichternarzisse gesteckt sind, präsentiert.
***** Sterne-Gesundheitsregion
Auf die mehr als 140-jährige Tradition als Kurort gründet sich der ausgezeichnete Ruf Bad Aussees als *****Sterne-Gesundheitsregion. Im Zusammenspiel von Klima, heimischen Kurmitteln, dem Erholungswert der faszinierenden Landschaft und ärztlichem Können entsteht jenes qualitätsvolle Ambiente, das Belebung und Genesung verspricht. Auf dieses besondere Alleinstellungsmerkmal bezieht sich das Leitbild: Bad Aussee versteht sich dort als Gesundheitsstandort, verwurzelt in den langen Erfahrungen und Traditionen als Kurort und ausgerichtet auf ein modernes Gesundheitsbewusstsein.
Seit 1979 betreibt der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ein modernes Sonderkrankenhaus der PVA.
In den Ausseer Kureinrichtungen werden unter fachärztlicher Leitung alle heimischen Kuranwendungen ergänzt durch aktuelle Therapien verabreicht. Der Neubau der Anlage auf dem sonnenüberfluteten Reiterer-Plateau gemeinsam mit einem *****-Sterne-Hotel setzt Synergien frei und positioniert Bad Aussee erfolgreich als Gesundheitsregion im 21. Jahrhundert.
Auch den Senioren bietet Bad Aussee mit vielfältigen Wohn- und Betreuungsangeboten einen angenehmen Lebensabend. In der Wohnanlage Grundlseerstraße 92 werden besonders für ältere Menschen adaptierte Mietwohnungen als Zwischenstufe von eigenem Zuhause zu Pflegeheim angeboten. Das neu errichtete Seniorenzentrum ist Teil des Gesundheitsparks und bietet 70 Personen Betreuung und Pflege. Dort sind auch die mobilen Dienste der Volkshilfe stationiert. Seit 1982 wird „Essen auf Rädern“ angeboten. Man kann unter vier Menüvorschlägen wählen, frisch gekocht wird in der Küche der Ameos-Klinik, die Zustellung erfolgt bis in die Wohnung/Haus.
Seit 2009 gehört Bad Aussee dem Netzwerk „Gesunde Gemeinde“ an und wurde 2013 mit dem Prädikat „familienfreundlichegemeinde“ ausgezeichnet.
Mit dem Bau des Panorama-Stadions steht den Ausseern eine zeitgemäße Sportstätte mit moderner, adäquater Infrastruktur zur Verfügung, die nicht nur von Vereinen genutzt wird.
Universitätsstadt
Als Schulstandort für die Region „Inneres Salzkammergut“ kann Bad Aussee Bildung und Ausbildung auf hohem Niveau über die Landesgrenzen hinaus anbieten. Im Bundesschulzentrum sind das BORG Erzherzog Johann Gymnasium und die Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe HLWB mit der Matura als Abschluss vereint.
Mit der Klinik Bad Aussee für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Universität Graz wird nun Bad Aussee nach Graz zur zweiten Stadt in der Steiermark mit einer Universitätsklinik. In dieser werden neben der Behandlung von Patienten aus ganz Österreich auch Forschung und Lehre durchgeführt. Dies ist nicht nur ein Meilenstein in der Entwicklung unserer Gesundheitsregion, sondern wegen der damit verbundenen nationalen und internationalen Kongresse und Seminare auch eine Bereicherung des Tourismus.
Unverwechselbar: Kultur
Das Ausseerland wurde und wird ob seiner Besonderheiten sehr geschätzt, es gilt als eine Insel lebendiger Volkskultur.
Bis heute tragen die Ausseer selbstverständlich ihr „Gwand“ als Alltags- und Festkleidung – es ist Teil ihrer Identität. Bereits Erzherzog Johann schätzte die zweckmäßige, praktische und schöne Tracht der Ausseer, die er auch selbst als Beispiel für das „Echte“ und „Schlichte“ trug. Diese Einschätzung blieb den Einheimischen nicht fremd, sie registrierten befriedigt die positive Anteilnahme und trugen weiterhin ihr Gwand, ohne sich dreinreden zu lassen. „Der Spieß der bekannten Abhängigkeit des „Unten“ – der sozialen Grundschicht – vom „Oben“ der sozial höhergestellten „Oberschicht“ drehte sich hier im Ausseerland …um, und die dort ansässig gewordene Oberschicht der Adeligen, wohlhabenden Unternehmer, Künstler und weitgereisten Weltbürger nahm nun ihrerseits die Tracht, den Stil, ja selbst das Gebaren und Gehabe des bodenständigen Volkes zum Vorbild. … Bewundernswert bleibt, mit welcher Sicherheit sich die Ausseer ohne Preisgabe des als gut, nützlich und schön empfundenen Überlieferten an die Notwendigkeiten und Gegebenheiten der jeweiligen Gegenwart, nennen wir es auch Mode, anzupassen wussten. Diese besondere Begabung sich anzupassen und alles mit Neuem, technisch Fortschrittlicherem, oft auch Schönerem und Lebenstauglicherem zu verbinden und ein neues Ganzes daraus zu machen, hat bewirkt, dass sogar die Eigenheit der Tracht den unaufhaltsamen Wandel der Kleidermoden überdauert hat. Die Tracht des Ausseerlandes am Ende des 20. Jahrhunderts ist nicht etwa ärmer, sie ist nicht abgesunken oder degeneriert, sondern im Gegenteil schöner und kleidsamer geworden, als sie es je war.“ Die Diagnose des Trachtenexperten Prof. Lipp trifft auch heute noch zu.
2012 wurde Bad Aussee im Zuge einer Trachtenbiennale vom Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer zur Trachtenhauptstadt erhoben. In Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband wurden entsprechende Begrüßungstafeln an den Ortseinfahrten Marktleite und Bahnhofstraße enthüllt.
Bis heute zelebrieren die Ausseer ihre vorwiegend im Winterhalbjahr angesiedelten Bräuche mit Inbrunst – die wichtigste Jahreszeit ist der Fasching. Das Straßenbild ist geprägt von kleinen Gruppen, die sich in liebevoll geschneiderten Kostümen zu einem Thema präsentieren. Daneben gibt es die Trommelweiber – als Frauen verkleidete Männer -, die am Faschingmontag und – dienstag zu den Klängen des Ausseer Faschingmarsches durch den Ort ziehen. Am Dienstagnachmittag verzaubern die Flinserl mit ihren prächtigen, paillettenbestickten Gewändern Einheimische und Gäste. Scharen von Kindern ringen sich um die Flinserl und rufen traditionelle Sprüche - sie werden mit ausgeworfenen Nüssen belohnt. 2017 wurde der Ausseer Fasching zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe erhoben.
Aber auch der Krampus in der ersten Raunächte des Winters gehört zu den unverwechselbaren Bräuchen. Eine Pass besteht aus einem Bischof und mehreren Krampussen, die von Habergeiß, Grassteufel, Migloweibl und Gangerln begleitet werden. Jeder Ortsteil besitzt eine eigene Pass, die die dort wohnenden Kinder besucht und sich am späteren Abend im Ortszentrum trifft.
Musik, Gesang und Tanz, die sich hier unverfälscht erhalten haben, begleiten alle Feste und Bräuche. Typisch ist das Paschen, ein rhythmisches, mehrstimmiges Händeklatschen, das zu vielen Liedern gehört. Konrad Mautner, ein Wiener Fabrikant, zeichnete die „G’sangln und G‘stanzln“ im frühen 20. Jahrhundert in Mundart auf, versah sie mit Noten und illustrierte jede Seite. Dieses „Steyrische Rasplwerk“ gilt als Bibel der Volksmusik und zählt zu den kostbarsten Zimelien des österreichischen Volksliedes.
Aber auch die „Hochkultur“ hat hier eine lange Tradition. Schon 1956 wurden die Ausseer Musikfestwochen als Zusammenarbeit von Studenten und Professoren der Grazer Universität für Musik und den Ausseern mit dem Ziel ins Leben gerufen, Inspirationen aus der Landschaft aufzunehmen und in Konzerte umzusetzen, die eine für Publikum und Künstler gleichermaßen bereichernde Verbindung von Musik und Sommerfrische schaffen. Modifiziert existiert diese Reihe noch immer.
Den Höhepunkt des Kultursommers bilden Anfang Juli die Ballett-Veranstaltungen gemeinsam mit der Vereinigung Wiener Staatsopernballett im Kurhaus von Bad Aussee
Diese kulturelle Einzigartigkeit wurde mit der Ernennung zur Alpenstadt 2010 honoriert. 2024 trägt Bad Aussee gemeinsam mit 22 weiteren Gemeinden des Salzkammergutes den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt.